Geologische Beschaffenheit des Vogtlandes
Begeben wir uns auf den Gipfel des Geiersberges und lassen
unsere Augen nach Osten und Süden schweifen, so erblicken wir
die südwestlichen Ausläufer des Erzgebirges, den Kaiserwald und
den nördlichsten Berg des Böhmerwaldes, den Tillen. Diese Berge
mitsamt dem Elstergebirge, auf dessen Kamm wir uns befinden,
umschließen die kleine Ebene des Egerlandes, die, geologisch betrachtet
eine Einbruchstelle bildet. Unter ihren Kiesen, Tonen und
Braunkohlen lagert da die mehrfach zertrümmerte Gesteinsdecke,
die sich von unserem Elstergebirge aus hinüber nach dem Kaiserwald
zu erstreckte.
Man fragt sich nun unwillkürlich nach der Ursache dieses
Einbruchs. Diesbezügliche geologische Untersuchungen kamen zu
folgendem Ergebnis:
Es war in einem verhältnismäßig jungen geologischen Zeitraum,
nämlich zu Anfang der erdgeschichtlichen Neuzeit. Die
erwähnte Gesteinsdecke war damals der ziemlich ebene Boden
eines flachen Meeres, des sogenannten Tertiärmeeres. Zu jener
Zeit erfolgte im Süden Europas die Emporwölbung der Alpen.
Dieser Vorgang bewirkte n. a. auch das Emporheben einer riesigen
Gesteinscholle, der Sogenannten Erzgebirgsscholle. Die Emporbewegung
dieser Scholle war im südlichen Teile am größten, und
zwar so stark, daß Stücke derselben abbrachen und in die Tiefe
Sanken. So geschah es auch hier in unserem Gebiet. Bei diesem
Abbrechen der Gefteinsmassen entstanden eine Menge von Spalten,
die sich zum Teil auch weit in das gehobene Gebirge hinein
erstreckten. Das unter der Gesteinsdecke befindliche glutflüssige
Magma fand nun in diesen Spalten einen bequemen Weg zur
Oberfläche, und zahlreiche Eruptionen (Ausbrüche) waren die
Folge dieser gewalligen Vorgänge. Eine große Anzahl von
Basaltvorkommnissen in hiesiger Gegend zeugt noch heute von
dem Vulkanismus jener Tage
In der Nähe von Bad Brambach findet man Basalte links
von der Straße nach Schönberg, bei Frauengrün, bei Oberreuth,
Niederreuth, an der Bahnstrecke von Frauengrün nach Raun
und südlich von Fleißen. Letzterer Basalt ist in einem verlassenen
Bruch ausgeschlossen und bietet interessante Einzelheiten. Obwohl
er Sich im Gebiet des Granits befindet, Sehen wir in feiner westlichen
Wand eine Gneisscholle, deren Vorkommen im Basalt nicht
zweifelsfrei zu klären ist. Am südlichen Teile bemerken wir eine
Menge von abgerundeten Geröllen, zuweilen von beträchtlicher
Größe, die auf die gewaltige Explosionskraft schließen lassen,
mit welcher dieser Basaltausbruch erfolgte.
Wie auch bei den noch jetzt vorkommenden vulkanischen
Eruptionen mögen es auch damals Wasserdämpfe und gewaltige Kohlesäureausströmungen
gewesen sein die das feuerflüssige
Basaltmagma zerrissen und in Form von Geröllstücken empor schleuderten..
Noch lange hielten diese Kohsensäureausströmungen an, und
sogar jetzt noch sind wir in unserem Gebiet Spuren
dieser vulkanischen Tätigkeit.
Davon zeugen unsere Mineralquellen.
Wie kommt es zu deren Bildung.
Das in die Erde dringende Regenwasser trifft an manchen
Stellen auf die erwähnte, den Tiefenspalten entströmende Kohlensäure,
nimmt diese in beträchtlicher Menge auf und wird so befähigt
Mineralien zu lösen, die für gewöhnlich im Wasser nicht
oder nur schwer löslich sind. Als Mineralquelle entsprudelt dann
dieses Wasser dem Talboden. Unsere Gegend ist ja, wie bekannt
besonders reich an solchen Ouellen. Manche von ihnen, wie die
zu Bad Elster und Bad Brambach, hat wan als wichtige Heilsaktoren
erkannt und verwendet sie zu Trink- und Badekuren.
Andere wieder, wie die in Sohl und Oberbrambach, liefern vortrefliches
Tafelwasser. Der Wert der übrigen im Gebiete vorkommenden
Mineralquellen ist unbekannt oder noch nicht gewürdigt; viele
sind auch in Mooren verborgen nnd bewirken die Bildung des
für die Behandlung mancher Krankheiten so wichtigen Mineralmoores.
Besonders zu erwähnen ist noch die Wettin-Ouelle in Bad
Brambach, die mit ihren 2400 Macheeinheiten die stärkste Radium-
Mineralgnelle der Welt ist. Woher nun die Radioaktivität^
Die Beantwortung dieser Frage führt uns zurück in das
Altertum der Erdgeschichte.
Man kann annehmen, daß es sich bei der Brambacher
Mineralquellenspalte um eine schon im Erdaltertum, am Schlusse
gebirgsbildender Vorgänge entstandene, alte und nun im Tertiär
wieder aufgerufene Spalte handelt. Die Radioaktivität selbst mag
ein Zusammenhang stehen mit Vorgängen, die zur Bildung dieser
alten Spalte führten.
Das Erdaltertum war es auch, das hauptsächlich bestimmend
war für den Gesteinsaufbau unserer Gegend. Ausschluß über ein
solches, dem Erdaltertum entstammendes Gestein gibt uns der
Steinbruch an der Ziegelstraße zu Brambach. Es handelt sich
dort um schiefrigen Gneis. Wie fast jeder Schiefer, so ist auch
dieser ehemals Meeressediment gewesen und hat sich wie alle
Sedimente in waagerechten Schichtest abgelagert.
Betrachten wir nun aber die Schichtung des betreffenden
Gneises, so sehen wir, daß die Schieferflächen ganz und gar von
der horizontalen Lage abweichen und nach Norden zu einfallen.
Auch die Zufammensetzung des Schiefers, der aus Ouarz, Glimmer
und Feldspat besteht, widetspricht dem gewöhnlichen Aussehen
jetzt sich bildender Sedimente. Es muß sich also bei dem betreffenden
Schiefer um umgewandelte Sedimente handeln, die
durch irgendwelche Kräfte aus ihrer ursprünglichen horizontalen
Lage gebracht worden sind.
Was von diesem schiefrigen Gneis gilt trifft auch für den
im Norden sich anschließenden Glimmerschiefer und Phyllit zu.
Diese Veränderung von Beschaffenheit und Schichtenlage der
erwähnten Gesteine war eine Folge der gewaltigen Gebirgsauf-
wölbung, die kurz vor der Steinkohlenzeit erfolgte.
Eingeleitet wurde dieser Vorgang durch
Diabaseruptionen,
deren Spuren wir da und dort in unserer Gegend als Amphibolith
finden. Erwähnt sei hier nur der Anphibolith (Hornblendegestern)
in der Nähe der Oberförsterei zu Rohrbach. Bei der
Aufwölbung des riesigen Gebirges, der varistischen Alpen, von denen
die Gesteine unserer Gegend nur einen Sehr kleinen Teil darstellen,
wurden die unteren Schichten, zu denen auch Gneis, Glimmer-
Schiefer und Phyllit gehörten, gänzlich verändert und erhielten
kristallinische Beschaffenheit. Auch der feuerflüssige Granit im
Innern des Gebirges bekam durch die Gebirgsbewegung ein
geschichtetes Aussehen und wurde zum Streifigen Gneis. Dieser
findet sich bei Röthenbach, schollenweife auf dem Kapellenberg
und besonders gut aufgeschlossen in den Steinbrüchen
bei Asch. Eine besondere Abart dieses Gneises ist der
Augengneis, den man u. a. bei Oberreuth) und am Kapellenberg
findet.
Am Ende der genannten gebirgsbildenden Vorgänge drang
der glutflüssige Kapellenberggranit empor, Schmolz Teile der
darüberliegenben Gesteine ein und veränderte auch welche in
ihrem Aussehen. Wahrscheinlich ist der egeranführende Augitschiefer
ein solches durch den Granit verwandeltes Gestein. Man findet
diesen Schiefer bei den Deckerhäusern und besonders schön in
der Nähe von Haslau
Eruptionen von Dioriten, wie solche bei den Geierhäusern
und unweit des Scheidebaches aufgeschlosen sind, sowie die
Bildung von Erzgängen beendeten diesen Abschnitt der Erdgeschichte.
Das, was sich jetzt in unserem Elstergebirge von diesem ehemals
so bedeutenden Hochgebirge zeigt ist der frühere Kern
desselben, aus dem die Gewalt des Wassers Berge und Täler
herausmodelliert hat.
Quelle: Aus dem altdeutschen übernommen von E.H. Wohlrab, E. Stübiger
"Bad Brambacher Heimatbuch" von 1931